SPD-Hiltrup – ganz unten

20150524_124749Was ist Bürgermeinung und wer vertritt diese? Sind tausend Unterschriften, die eine Mehrheitspartei (CDU) sammelt, mehr wert als die gleiche Anzahl einer Bürgerinitiative?

In Hiltrup ist das wohl so.

Kann es sein, dass eine andere Volkspartei (SPD) einfach einer anderen,  noch kleineren Partei (Grüne) einen politischen Erfolg nicht gönnt und mit Tricks und persönlichen Angriffen agiert?

In Hiltrup ist das wohl so.

Worum geht’s? Es geht um den Neubau der Prinzbrücke. Aufgrund ihres baulichen Zustandes ist sie derzeit nur eingeschränkt befahrbar:  PKW/LKW im Einrichtungsverkehr teilen sich die Fahrbahn mit den Radfahrern. Diese Brücke soll ersetzt werden.

Lange war dafür die sogenannte „Variante-5-Lösung“ in der Diskussion. Damals ging man davon aus, dass die alte,  denkmalgeschützte Prinzbrücke saniert werden kann. So wurde es von allen Fraktionen 2011 beschlossen.  Auf Grund ihrer Bauweise (Breite) kann diese Brücke auch nach einer Sanierung nur Fußgänger- und Radfahrerverkehre aufnehmen. Für den motorisierten Verkehr sollte die Anbindung ins Gewerbegebiet Nobelstraße über eine neu zu bauende Straße von der Osttor-Hochbrücke aus gebaut werden: das „Ohr“. Leider muss dafür eine 8.000 qm große Waldfläche verschwinden.

Im Laufe der Zeit und der weiteren Planungen durch das Wasser-und Schifffahrtsamt (WSA) stellte sich ein so hoher Schädigungsgrad der Brücke heraus, dass eine Sanierung nicht wirtschaftlich ist.

Da nun der Umsetzungsgrund für das „Ohr“ nicht mehr gegeben war, brachten wir Grüne die Variante 1 in  die Diskussion. Diese sieht vor, die Prinzbrücke durch einen Neubau zu ersetzen, die alle Verkehrsteilnehmer nutzen können: Fußgänger, Radfahrer, PKW- und LKW-Verkehre. Kurz gesagt: „Eine Brücke für alle“. Das ist machbar: Solche Brücken gibt es nicht nur schon in Münster, sondern überall. Der Vorteil: Der Wald kann erhalten werden. Diese Fläche ist in der Stadtbiotopkartierung als schutzwürdiges Biotop ausgewiesen. Diese Variante wird in der planungsbegleitenden Umweltverträglichkeitsuntersuchung  als die mit dem geringsten Konfliktpotential hinsichtlich der Auswirkungen auf Natur und Umwelt dargestellt. Das ist für uns Grüne Grund genug, sich für diese Variante einzusetzen.

Im weiteren Verlauf des  Planfeststellungsverfahren hat die Stadtverwaltung Münster eine umfassende Stellungnahme abgegeben, in der sie die Variante 5 ablehnt. Dies wurde im Rat im August 2014 mit den Stimmen von SPD und Grünen (gegen die CDU) beschlossen wurde. Der Hiltruper SPD ist es einfach nicht gelungen, die Genossen der Ratsfraktion zu überzeugen. Oder hat man etwa gar nicht mit einander geredet?

Seitdem tritt die Hiltruper CDU und – inzwischen auch die- SPD mit Unterstützung des regierungsamtlichen Lokalblatts als Beleidigte mit presseöffentlichen Reaktionen in Erscheinung. Einmal müssen angeblich benachteiligte Gewerbebetriebe herhalten, die überhaupt nicht betroffen sind, mal sind die Grünen die Bremser weil es nicht voran geht, ein anderes mal  sind es die Schulkinder, die einer Dauergefährdung auf der Prinzbrücke ausgesetzt sind. Letzteres Argument ist besonders perfide*): Die jetzige Verkehrsführung auf der Prinzbrücke ist eine Notlösung, ein absolutes Provisorium.  SPD/CDU argumentieren unsauber, wenn sie in dem Wissen, dass die Brücke ersetzt werden muss, es fälschlicherweise so darstellen, als würde sich an der derzeitigen Situation nichts mehr ändern und wir Grüne würden Radfahrer bewusst Gefahren aussetzen. Und ausgerechnet die sich Volksparteien nennenden CDU und SPD vermeiden es auffällig mit der Bürgerinitiative „Hiltrup, rette Deine Wald“ ins Gespräch zu kommen. Das nennt man doch mal Bürgernähe. Die SPD Hiltrup pflegt weiterhin ihre eigene Borniertheit, statt einfach mal zu erklären, was sie konkret gegen „Eine Brücke für alle“ hat.

CDU und -inzwischen auch die-  SPD bemühen sich nun seit Herbst 2014 stetig und beharrlich, Einfluss auf das Planfeststellungsverfahren zu nehmen. Dabei hätten sie doch selbst zur  Eingabefrist (18. Juni 2014) eigene Stellungnahmen bei der Planfeststellungsbehörde abgeben können.  Stattdessen halten sie die Mitarbeiter des WSA durch Anrufe, Briefe und Besuche permanent von der Arbeit ab. Und verzögern damit eine bauliche Lösung. Besonders die SPD Hiltrup kommt einem leicht verhaltensauffällig vor:

Nachdem sie ein Jahr brauchte, angesichts des Ratsbeschlusses 2014 aus der Schockstarre zu erwachen, schlägt sie gegenüber der Presse im  Herbst 2015 eine weitere Variante vor: eine dritte Brücke, die nördlich der Osttorhochbrücke geführt würde. Das damit der Wald auf der Ostseite des Kanals, der sog. „Stadtwald“ auch weg käme, hat man dabei übersehen.  Eine parlamentarische Initiative wurde daraus dann aber doch nicht.  Aber sicher auch  eine Möglichkeit, als Straßenbaulobbyisten im Gespräch zu bleiben.

Mit einer Anregung an den Rat versuchen CDU/SPD Hiltrup nun die Stadtverwaltung zu einer Stellungnahme im Sinne der Variante 5 – „Das Ohr“ zu bewegen. Wie das funktionieren soll, werden wir sehen: Schreiben das die gleichen Leute in der Vewaltung? Gelten die Argumente Pro Variante 1 dann nicht mehr? Kann man die SPD als Gesprächspartner für Ökologie und nachhaltige Stadtplanung dann noch erst nehmen? Warum hat die SPD im Rat im Herbst 2014  für den Erhalt des Waldes gegen die Variante 5 gestimmt?

Und: Was gelten Planfeststellungsverfahren eigentlich noch, an denen sich  Vertreter öffentlicher Belange, aber auch Bürgerinitiativen und Bürger fristgerecht  im Vertrauen auf ein faires Verfahren beteiligen, wenn diese durch die Hintertür ausgehebelt werden?                                             -Angelika Farwick-Hajek-

——

*) SPD-Hiltrup aufgepasst: nicht vergessen, in der Etymologie nachzuschlagen!

——-

Ältere Beiträge zum Thema:

26. Mai 2015  Grüne und BI: Wald erhalten und eine Brücke für alle

18. Mai 2015  „CDU-Vorschläge bringen Nachteile für Wohnviertel“ – Schmidt unterschlägt Fakten

14. Dezember 2014  Grüne verwundert über CDU: „ökologische Lösung ohne Wald hat keinen Sinn” – Fristen und Regularien offenbar unbekannt

10. Dezember 2014  Grüne zur Prinzbrücke: Planung ist politische Entscheidung – WSA hat Planung zu korrigieren

3. September 2014  Prinzbrücke: CDU-Verhalten in BV und Planungsausschuss widersprüchlich – offenes Beteiligungsverfahren war nicht möglich

29. August 2014  Grüner Erfolg im Planungsausschuss: Mehrheit stimmt für Walderhalt

20. August 2014  Grüne kritisieren BV-Beschluss zur Prinzbrücke: „Werden für den Walderhalt Mehrheiten im Rat suchen“

3. August 2014 Proteste für Walderhalt zeigen Wirkung: Verwaltung lehnt Planung des WSA ab

23. Juli 2014  Grüne kritisieren Planungen für Prinzbrücke: „Auswirkung für Wohngebiete nicht berücksichtigt – Wald erhalten“

 

Verwandte Artikel